Volksgruppen ORF.at Ungarn
Di | 26.11.2013

18.7.2013
Streit um aktive Sterbehilfe
In Ungarn ist ein heftiger Streit zum Thema Sterbehilfe entbrannt. Der Landeswahlausschuss (OVB) hatte einer Volksinitiative zugestimmt, die sich für die Möglichkeit der Euthanasie unter ärztlicher Beteiligung einsetzt.
Nach Zustimmung des OVB kann nun eine Unterschriftenaktion beginnen - bei 50.000 gültigen Unterschriften ist das Parlament verpflichtet, diese Frage auf seine Tagesordnung zu setzen. Die Ärztekammer reagierte empört.
Heikles Thema für Parlamentsparteien
Im Rahmen der Unterschriftensammlung wird die Bevölkerung gefragt: "Stimmen Sie zu, dass ein an einer unheilbaren, tödlichen Krankheit leidender Erwachsener seinem Leben mit ärztlicher Hilfe ein Ende setzen kann?" Die Parlamentsparteien hoffen, dass die nötigen 50.000 Unterschriften nicht zustande kommen und sie sich nicht mit dem Thema befassen bzw. ihren Standpunkt deklarieren müssen, schreibt die Online-Ausgabe der Tageszeitung "Nepszabadsag" am Mittwoch.
Unterschiedliche Standpunkte der Parteien
Auf Anfrage hätten die Parteien "nur knapp" Stellung genommen, wie die Regierungspartei Fidesz-MPSZ. Sie verwies lediglich darauf, dass das Parlament das Thema auf die Tagesordnung setzt, kämen die 50.000 Stimmen zusammen. Der Bündnispartner Christdemokraten (KDNP) lehnt die Euthanasie entschieden ab, die oppositionellen Sozialisten (MSZP) fordern eine breite gesellschaftliche Debatte zum Thema. Die Demokratische Koalition (DK) betonte, falls ein Kranker von der Sterbehilfe Gebrauch machen wolle, müsste ihm die Möglichkeit zu strengsten Bedingungen geboten werden.
"Ärzte seien 'keine Mörder'"
Proteste gegen die Volksinitiative kamen vor allem von der Ungarischen Ärztekammer (MOK). Deren Präsident Istvan Eger betonte, dass Ärzte "keine Mörder" seien. Gleichzeitig räumte er ein, dass Ungarn nicht in der Lage sei, den Sterbenden die ihnen gesetzlich zustehende Versorgung zu garantieren. Im aktuellen Gesundheitssystem gebe es weder das nötige Fachpersonal noch die Mittel, um den Betroffenen ein würdiges Sterben zu garantieren.
Sterbehilfe vor zehn Jahren unzulässig
Im Jahr 2003 hatte das ungarische Verfassungsgericht die aktive Sterbehilfe für unzulässig erklärt. Im Urteil hieß es: Das Recht auf Leben sei wichtiger als das Recht auf Würde. Darüber hinaus hatten die Richter internationale Erfahrungen zu dem Thema berücksichtigt. Es wurde daran erinnert, dass die aktive Sterbehilfe nur in drei europäischen Ländern - in Belgien, den Niederlanden und in der Schweiz - erlaubt sei und in der Mehrheit der Staaten als schwere Straftat gelte.