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8.10.2012 |
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Schriftsteller Péter Nádas wird 70
18 Jahre arbeitete der ungarische Schriftsteller Péter Nádas am Roman "Parallelgeschichten". Sechs Jahre investierte die deutsche Übersetzerin Christina Virágh in die kongeniale Übertragung dieses Werkes.
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Das Werk umfasst drei Bände, 39 Kapitel, 1.500 Seiten auf ungarisch und über 1.700 auf Deutsch. In "Parallelgeschichten" verwebt Nádas scheinbar zusammenhanglose Personen, Motive und Ereignisse zu einem Universum jenseits des Textes.
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Jahrhundert-Roman "Parallelgeschichten"
Schauplätze und Zeitebenen wechseln oft abrupt. Minutiös seziert der Autor die wechselseitige Wirkung menschlicher Körper aufeinander, ihr gegenseitiges Begehren und die in ihnen abgespeicherten Erinnerungen und menschheitsgeschichtlichen Katastrophen.
Die deutsche Kritik sprach euphorisch von einem "Jahrhundert-Roman". Nádas' Schreibweise, die einen Kritiker an die Filme von Peter Greenaway erinnert, fand im kommunistischen Ungarn nur zögerlich Anerkennung.
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Überlebte als Kind Holocaust
Péter Nádas wurde am 14. Oktober 1942 in Budapest geboren. Den Holocaust überlebte er als Kleinkind mit seiner Familie in Verstecken und mit falschen Papieren. Die Eltern, überzeugte Kommunisten, verlor er früh.
Von 1961 bis 1963 ließ er sich zum Journalisten und Fotografen ausbilden, von 1965 bis 1969 arbeitete er bei diversen Zeitungen, seitdem ist er freier Schriftsteller. |
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Durchbruch im deutschen Sprachraum 1991
Im deutschen Sprachraum feierte der Ungar mit dem aus drei subtil miteinander verschränkten Erzählsträngen konstruierten "Buch der Erinnerung" (dt. 1991) den Durchbruch, auch dieses bereits ein Opus von 1.300 Seiten.
1993 folgte eine Neuauflage seines ersten langen Prosawurfs, "Ende eines Familienromans" (erstmals dt. 1979), dann der Essayband "Von der himmlischen und der irdischen Liebe" (1994), der Roman "Der Lebensläufer" (1995) und der grotesk-verspielte Liebesroman "Die schöne Geschichte der Photographie" (1997).
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"Ich beschäftige mich nicht mit Problemen", erklärte Nádas einmal in einem Interview. "Mich interessieren vielmehr Handlungen, Abläufe, Prozesse, und dabei auch nicht besonders die Ereignisse, sondern hauptsächlich die Strukturen."
Die "Parallelgeschichten" spielen teils in Deutschland, teils in Ungarn und umspannen die Zeitspanne von den 1930er-Jahren bis zum Mauerfall 1989. Holocaust und stalinistischer Terror kommen darin nicht direkt vor.
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Detailversessene Beschreibung
"Nádas zeigt die Monstrosität dieses Jahrhunderts in den Menschen auf, in den Malen und Furchen, die es in ihre Psyche und in ihre Körper gegraben hat", schrieb Joachim Sartorius im "Freitag". Diese Körper schwitzen, scheiden aus und kopulieren. Ein Geschlechtsakt zieht sich über 200 Seiten hin.
Die detailversessene Beschreibung dieser Vorgänge wird ins Penetrante, ja Unerträgliche gesteigert. Bereits vor fast 20 Jahren blickte Nádas dem Tod ins Auge. Ein minutenlanger Herzstillstand weckte in ihm die Empfindung, dass auch jenseits des Lebens etwas sein müsse. Seine Erfahrungen verarbeitete er in dem Buch "Der eigene Tod" (dt. 2002).
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Schreibt in stiller Abgeschiedenheit
Das epochale Werk des Peter Nádas entsteht seit fast 30 Jahren in der stillen Abgeschiedenheit des südwestungarischen Dorfes Gombosszeg.
Mit seiner Frau, der Journalistin Magda Salamon, kaufte sich Nadas dort Mitte der 1980er-Jahre ein Grundstück mit einem baufälligen Häuschen, das sich das Ehepaar zum behaglichen Refugium ausgebaut hat.
Dennoch ist Nádas kein weltentrückter Groß-Schriftsteller im Elfenbeinturm. |
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Behandelt Rechtsextremismus in Essays
In gewichtigen Essays nimmt er gelegentlich zu Zeitfragen Stellung. Besonders das Scheitern seines Heimatlandes nach der demokratischen Wende erfüllt ihn mit Wehmut. Nach sozial-liberalen Regierungen, die verantwortungslos wirtschafteten, herrschen heute die Rechtspopulisten, sind rechter Radikalismus und Antisemitismus salonfähig geworden.
"Die neue autoritäre Tradition Ungarns ist aus dem Geist der Provinz geboren; ihre Basis sind Stämme und Clans; die Republik interessiert sie nicht; ihre Affinität zu den Menschenrechten ist schwach ausgeprägt", konstatierte Nádas Ende des Vorjahres desillusioniert im "Lettre International"
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