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Verfassungsgericht verbietet Tito-Straße
Die slowenische Hauptstadt Ljubljana hat künftig keine Tito-Straße mehr. Das Verfassungsgericht hat nämlich die vor zweieinhalb Jahren erfolgte Benennung einer Straße nach dem früheren jugoslawischen Präsidenten Josip Broz Tito aufgehoben.
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Verherrlichung des Regimes verfassungswidrig
Die Neubenennung einer Straße nach einem Symbol des totalitären kommunistischen Regimes verstoße nämlich gegen den Grundwert der Menschenwürde, heißt es in dem einstimmig gefassten Beschluss. Der Name Tito sei nicht nur Symbol für die Befreiung Sloweniens von den faschistischen Besatzern im Zweiten Weltkrieg, sondern auch für das kommunistische Regime in der Nachkriegszeit, in der umfangreiche und grobe Menschenrechtsverletzungen vorgekommen seien, betonten die Verfassungsrichter in dem am gestrigen Dienstag bekanntgewordenen Erkenntnis. Die Benennung nach einem solchen Symbol könne als eine Anerkennung des früheren undemokratischen Regimes durch die Behörden verstanden werden, hieß es. "In Slowenien, das seine Demokratie und seine freie Gesellschaft, die auf Respekt für Menschenwürde basiert, auf dem Bruch mit dem ehemaligen Staat aufbaute, ist eine Verherrlichung des kommunistischen totalitären Regimes durch die Behörden verfassungswidrig."
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60 Prozent der Befragten waren einverstanden
Gegen die Tito-Straße hatte die Parteijugend der christlich-demokratischen Partei Nova Slovenija (NSi - Neues Slowenien) geklagt, die bereits 2009 mit einer Petition den kontroversen Straßennamen verhindern wollte. Der Laibacher Stadtrat stützte seine Entscheidung auf eine Meinungsumfrage, bei der sich fast 60 Prozent der Befragten mit einer neuen Tito-Straße einverstanden zeigten. Initiiert wurde die Benennung vom mittlerweile verstorbenen Gemeinderat Peter Božič, der kritisierte, dass die Slowenen die Erinnerung an alle früheren Machthaber - von Kaiser Franz Joseph bis Tito - ausgelöscht habe. Ein Volk, das seine Geschichte tilge, sei es nicht wert, ein Volk zu sein, so Božič. Bürgermeister Zoran Janković, der die Namensgebung unterstützte, teilte am gestrigen Dienstag mit, dass die Stadt Ljubljana das Erkenntnis respektieren und die Tito-Straße umbenennen werde.
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Richtungsweisendes Urteil
Es handelt sich um ein richtungsweisendes Urteil, das künftig auf alle Straßennamen Anwendung finden wird. Für bestehende Tito-Straßen und Plätze, die noch aus der Zeit vor der slowenischen Unabhängigkeitserklärung im 1991 stammen, soll diese Entscheidung laut Verfassungsexperten keine rechtlichen Auswirkungen haben. In Slowenien tragen noch ein Dutzend Straßen und Plätze Titos Namen. Zu kommunistischer Zeit trug die wichtigste Straße durch Ljubljana den Namen Titos, nach der Unabhängigkeit Sloweniens wurden ihre beiden Teile in "Slowenische Straße" (Slovenska cesta) und "Wiener Straße" (Dunajska cesta) umbenannt.
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Neu angefachte Diskussion um Tito
Die Entscheidung fachte die Diskussion um Tito, den Partisanenkampf und den Kommunismus neu an. Zwar betonte Verfassungsgerichtshofspräsident Ernest Petrič, dass die Entscheidung nicht als Wertung des Partisanenkampfes zu werten sei. Auch habe man nicht die Persönlichkeit Titos oder historische Fakten beurteilt. Bei der Entscheidung sei nur die symbolische Dimension von Titos Namen berücksichtigt worden. NSi-Chefin Ljudmila Novak sieht das Urteil dennoch als "ersten Schritt zur Anerkennung der Tatsache, dass Tito ein Verbrecher war". Das Erkenntnis bringe den Opfern des Tito-Regimes eine Genugtuung. Die NSi fordert nun eine Umbenennung aller bestehenden Tito-Straßen und Tito-Plätze sowie den Abbau von Statuen des früheren Machthabers. Die zweitgrößte slowenische Stadt Maribor sowie auch die nordöstliche Bergbaustadt Velenje, die in den 1980er Jahren Titovo Velenje (Titos Velenje) hieß, winkten jedoch ab.
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"Die historische Fakten sind, wie sie sind"
Der Fraktionschef der regierenden Sozialdemokraten (SD), Dušan Kumer, bezweifelte, dass die Entscheidung das historische Gedächtnis der Menschen auslöschen könnte: "Die historische Fakten sind, wie sie sind, auch wenn manche sich wünschen, dass sie anders wären. (...) Die Partisanenarmee unter Titos Führung gehörte zu Alliierten, die im Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, was einige heutzutage als ein Verbrechen ohne Gleichen darstellen wollen". Auch der Historiker Jože Pirjevec findet, dass die Gerichtsentscheidung die historische Rolle Titos nicht schmälern könne. Pirjevec hat kürzlich eine Tito-Biografie verfasst, die es auf Anhieb auf die Bestseller-Listen schaffte. Der Historiker kritisierte, dass die Verfassungsrichter nur die "dunklere Seite" von Titos Persönlichkeit beurteilt hätten. Dabei sei aber auf die andere Seite vergessen worden, obwohl diese für das Schicksal des slowenischen Volkes ausschlaggebend gewesen sei. Der Vorsitzende des Partisanenverbands, Janez Stanovnik, warnte vor politischen Implikationen des Erkenntnisses, das eine "verfassungsrechtliche Verurteilung" eines Befehlshabers der Alliierten im Zweiten Weltkrieg darstelle. "Wir sind der erste Staat auf der Welt, der auf solche Weise einen der Kommandanten der Befreiung von Europa vor 65 Jahren verurteilt hat", sagte Stanovnik.
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