Volksgruppen ORF.at Roma (Deutsch)
Di | 26.11.2013
Franz Vranitzky, Heiz Fischer | Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Martin Steiger
8.4.2013
Roma Anerkennung | Fest im Parlament
Bundespräsident Heinz Fischer brachte in seiner Festrede im Parlament anläßlich des Festaktes seine Wertschätzung für die Roma zum Ausdruck und sprach von einem langen und steinigen Weg, den diese Volksgruppe in Österreich bis zu ihrer Anerkennung und sogar noch danach zurückzulegen hatte.
Am heutigen Internationalen Roma-Tag lud Nationalratspräsidentin Barbara Prammer gemeinsam mit VertreterInnen der österreichischen Roma, prominente Gäste zu einer Festveranstaltung unter dem Titel "20 Jahre Anerkennung der Roma als sechste Österreichische Volksgruppe" in das Parlament ein.
Gitta Martl | Verein Ketani Linz
Die Veranstaltung beleuchtete die schmerzvolle Geschichte der Roma, die erfolgreichen Bemühungen um Sprache und Kultur der Volksgruppe sowie die aktuellen Herausforderungen in Österreich und in Europa bei der sozialen Integration dieser Menschen, die lange Zeit Opfer von Diskriminierung und Ausgrenzung waren und es mancherorts immer noch sind. Die Festrede von Bundespräsident Heinz Fischer enthielt daher einen Appell zum Kampf gegen Vorurteile und Ausgrenzung.
20 Jahre Anerkennung der Roma | Festakt im Parlament
Heinz Fischer
Die Würdigung der Roma und deren Anerkennung als Volksgruppe verlange aber auch, daran zu erinnern, dass es im 20. Jahrhundert in der Zeit der NS-Diktatur die brutalsten Bemühungen gegeben hat, diese Volksgruppe physisch auszulöschen, gab Fischer zu bedenken. Das Schicksal der österreichischen Roma, von denen nur 10% die NS-Vernichtungspolitik überlebt hatten, sei erst in den Achtzigerjahren ein öffentliches Thema geworden, wobei die Volksgruppe im Februar 1995 durch das Bombenattentat von Oberwart auf besonders tragische Weise ins Licht der Öffentlichkeit rückte.

Kritisch merkte Fischer unter Hinweis auf den Schlussbericht der Österreichischen Historikerkommission an, die Republik sei in den ersten Jahrzehnten nach Kriegsende zögerlich mit Rückstellungen oder Entschädigungszahlungen an Roma umgegangen.
Nationalratspräsidentin Barbara Prammer
Internationaler Roma-Tag auch künftig im Parlament Barbara Prammer
In ihren einleitenden Ausführungen würdigte die Nationalratspräsidentin die erfolgreiche Arbeit der Roma-Vereine bei der Stärkung des Selbstbewusstseins der Roma und beim Sichtbarmachen der Volksgruppe. Mit Freude berichtete Barbara Prammer über gemeinsame Projekte mit Roma-KünstlerInnen im Rahmen der Wiener Festwochen und bekannte sich dazu, den Internationalen Roma-Tag auch künftig im Parlament zu begehen.
Europäische Roma-Strategie umsetzen
Über die Entwicklung der Volksgruppe gebe es bedauerlicherweise nicht nur Positives zu berichten. In einigen europäischen Ländern leben die Roma und Sinti nach wie vor unter diskriminierenden Bedingungen am Rande der Gesellschaft und oft werde ihnen die Existenzberechtigung abgesprochen. Es liege daher in der Verantwortung der Politik in Österreich und in Europa, gegen die Ausgrenzung der Roma aufzutreten. An dieser Stelle verlangte Prammer ausdrücklich, die Roma-Strategie der Europäischen Union nicht nur für die Roma, sondern MIT den Roma umzusetzen.
Gerhard Steier | Präsident des Burgenländischen Landtags
Burgenland ist Vorbild beim Zusammenleben
der Volksgruppen
Gerhard Steier
Der Präsident des Burgenländischen Landtags Gerhard Steier gab seiner Freude darüber Ausdruck, dass in der Geschichte des Burgenlandes kaum Konflikte zwischen Volksgruppen zu verzeichnen waren. So habe sich das Burgenland zu einem Vorbild für das Zusammenleben verschiedener Volksgruppen entwickelt. Die Menschen dieses Grenzlandes hatten immer unter den Folgen von Unruhen zu leiden und haben die Erfahrung gemacht, dass es keine Rolle spiele, welche Sprache die Menschen sprechen oder welcher Religion sie angehören, wenn man gemeinsam arbeitet und miteinander lebt. Dennoch seien die Roma lange Zeit am Rande der Gesellschaft gestanden, sagte Steier.

Vieles sei geschehen, um Sprache und Kultur der Roma zu pflegen sowie Bildung und soziale Standards zu verbessern. Man dürfe aber die Augen nicht vor der Realität verschließen, mahnte der burgenländische Landtagspräsident und fügte abschließend hinzu:

"Immer noch leben Angehörige der Volksgruppe am Rande der Gesellschaft. Wir dürfen daher nicht innehalten. Es bleibt noch viel zu tun, um die soziale Situation der Roma an den Durchschnitt der Bevölkerung heranzuführen".
Claudia Schmied | Bundesministerin für Unterricht und Kunst
Immer mehr Roma erreichen höhere Bildungsabschlüsse Claudia Schmied
Bundesministerin für Unterricht und Kunst Claudia Schmied unterstrich, dass sich die Anerkennung einer Volksgruppe nicht in einem juristischen Akt erschöpfe und Anerkennung auch mehr sei als die Förderung einer Volksgruppe. Anerkennung aller Menschen zähle zu den Voraussetzungen einer humanen Gesellschaft und bedeute das Gegenteil von Unterdrückung und Ignoranz.

Während der Zugang der Minderheiten zu Bildung in vielen Ländern immer noch erschwert sei, wie die Ministerin beklagte, nehme Österreich bei der Integration von Minderheiten eine Vorreiterrolle ein. Immer mehr junge Mitglieder der Volksgruppe erreichen höhere Bildungsabschlüsse , berichtete die Unterrichtsministerin.
Nicole Sevik | Verein Ketani Linz
Zu einer Diskussion nahmen dann gemeinsam mit Bundeskanzler a.D. Franz Vranitzky, Prof. Rudolf Sarközi, der Gründer des Kulturvereins österreichischer Roma, der Geschäftsführer des Vereins, Andreas Sarközi, sowie Gitta Martl, Gründerin des Vereins Ketani und dessen Geschäftsführerin Nicole Sevik und Mario Baranyai, Urenkel von Holocaust-Überlebenden am Podium im festlich geschmückten Sitzungssaal des Nationalrats Platz.

Gemeinsam reflektiert wurde über damalige Voraussetzungen zur Anerkennung der Roma als Volksgruppe, aber auch über notwendige gegenwärtige und zukünftige Schritte für deren weitere Integration in alle Bereiche der Gesellschaft.
G. Martl, F. Vranitzky, R. Sarközi, G. Baumgartner, N. Sevik, A. Sarközi, M. Baranyai
Sich diesem Thema in der EU eingehender
zu widmen.
Franz Vranitzky
Eine gute Tat habe immer viele Väter und Mütter, so das Fazit des Bundeskanzlers a.D. Franz Vranitzky über das politische Zustandekommen der Anerkennung in den 1990iger Jahren.

Für den Redner stand jedoch überdies fest, dass diese Entwicklung untrennbar und besonders mit dem Namen Rudolf Sarközi verbunden ist.

Aber nicht nur die Gespräche mit dem Gründer des Kulturvereins österreichischer Roma habe damals zur Anerkennung beigetragen, auch internationale Entwicklungen wie das europäische Integrationsprojekt hätten zu einer anderen atmosphärischen Grundlage geführt, auf deren Basis man ungezwungener und offener agieren habe können.

Nicht zuletzt sei das positive Ergebnis auch der damaligen Bundesregierung und dem Nationalrat zu verdanken, die dieses Anliegen unterstützten. Geht es jedoch um die Roma-Politik in anderen europäischen Ländern, plädierte Vranitzky dafür, sich diesem Thema in der EU eingehender zu widmen. Am Zug seien, stellte Vranitzky fest, die einzelnen Regierungen, um die Botschaft einer humanistischen Vereinigung zu vermitteln.
Franz Vranitzky & Rudolf Sarközi
Rudolf Sarközi "Ich bin ins kalte Wasser gesprungen"
"Ich bin ins kalte Wasser gesprungen, heute ist es warm", resümierte Rudolf Sarközi sinnbildlich die Entwicklung seiner Aktivitäten für das Zustandekommen der Anerkennung der Roma als sechste Volksgruppe in Österreich und seiner nunmehrigen Arbeit zur gesellschaftlichen Integration der Roma in alle Lebensbereiche.

Es sei die Wut der jungen Menschen über die Ausgrenzung gewesen, die der Motor zur Initiative gewesen sei, erinnerte sich Sarközi und gab mit seinen Erzählungen Einblick in sein Tun. Persönlich habe er auf seinem Weg viele Freunde und Unterstützer gefunden, bei denen sich der Redner bedankte. Der Gründer des Kulturvereins österreichischer Roma forderte in seinen Schlussworten, sich der Thematik mitsamt seinen Problemen weiterhin zu stellen.
Martin Denic Ensemble
Im Rahmen der Festveranstaltung, durch die der Historiker Gerhard Baumgartner als Moderator führte, zeichnete ein Video den "Weg der Anerkennung der Roma als Volksgruppe" nach. Für die musikalische Umrahmung mit der österreichischen Bundeshymne an der Spitze sorgte das Martin Denic Ensemble.