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Zufluchtsort mitten in Paris
Wenn die Kinder vom Spielplatz verschwunden sind und es dunkel wird auf dem Square Villemin im Norden von Paris, nehmen die Flüchtlinge ihn in Beschlag.
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Bashar, Hassan, Amid und Dutzende weitere Afghanen klettern über die Mauern und die Gitter, die den kleinen Platz in der Nähe des Nordbahnhofs einzäunen. Sie decken sich mit Pappkartons zu, um sich gegen die Kälte der Aprilnächte zu schützen, rollen sich unter der Rutsche ein. Teils sind sie kaum älter als die Kleinen, die sich tagsüber dort austoben. Hunderte afghanische Flüchtlinge suchen tagtäglich Zuflucht auf dem Platz. |
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"fliehen und überleben"
"Wir sind keine Bettler", sagt der 15-jährige Bashar sehr bestimmt. "Wir sind weggegangen, weil wir nicht sterben wollten, weil es in Afghanistan keine Zukunft gibt." Seine Eltern und Geschwister seien ums Leben gekommen, als er acht Jahre alt war. Sein Onkel habe für ihn sein Geschäft verkauft, damit er "fliehen und überleben" könne. Ein anderer Bub namens Hassan sagt, in seiner Heimat sei ihm von Frankreich als dem Land der Menschenrechte vorgeschwärmt worden. "Aber schauen Sie doch! Ihr führt bei uns Krieg und hier behandelt ihr uns nicht einmal wie Menschen!"
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700 minderjährige Flüchtlinge
Vergangenes Jahr zählte die Hilfsorganisation "France Terre d'Asile" (FTDA) knapp siebenhundert minderjährige Flüchtlinge, die in Paris auf der Straße leben, rund zweihundert mehr als im Jahr zuvor. Der Square Villemin ist eine Art inoffizielle Sammelstelle für sie. "Es werden immer mehr und immer jüngere", sagt Dominique Bordin, der sich bei FTDA um den Schutz minderjähriger Flüchtlinge kümmert. Für 28 Flüchtlinge habe er einen Schlafplatz in der Nähe des Platzes. Aber der Ansturm sei zu groß.
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"Kein neues Sangatte in Paris"
"Wir haben weitere Plätze beantragt", sagt Bordin. "Aber man hat uns ganz klar gesagt: Kein neues Sangatte in Paris." Seit das berüchtigte Flüchtlingslager am Ärmelkanal in Nordfrankreich vor sieben Jahren zumachte, zieht es immer mehr afghanische, irakische, kurdische und auch somalische Flüchtlinge nach Paris. Auf dem Square Villemin ist die Stimmung oft so gespannt, dass die Flüchtlinge gewaltsam aneinandergeraten. Am Sonntag starb bei einer Messerstecherei ein Mann.
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Viele von ihnen hofften monatelang, wenn nicht über Jahre auf Asyl, sagt Laura Bray, die in der psychologischen Beratungsstelle von "Ärzte ohne Grenzen" (MSF) in der Nähe des Square Villemin arbeitet. Von Frankreich aus suchen sie ihr Glück in Dänemark, Norwegen und Schweden, bisweilen auch noch in Großbritannien, obwohl es dort schwieriger für sie geworden ist. |
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"Das Problem wird verleugnet"
"Das Problem wird verleugnet", sagt Pierre Henry, der Leiter von France Terre d'Asile. "Man kann nicht gleichzeitig in Afghanistan Krieg führen und die Flüchtlinge links liegenlassen." Frankreich und Europa seien es sich schuldig, die Menschenrechte zu achten und etwas für die Flüchtlinge zu tun. Sein Mitarbeiter Bordin lost derweil per Münzwurf aus, wer an diesem Abend den letzten der 28 Schlafplätze in der Nähe des Square Villemin bekommt. Am nächsten Morgen drängen sich mehr als dreihundert junge Afghanen vor den Räumen einer nahe gelegenen Wohltätigkeitseinrichtung, die ihnen das Frühstück spendet.
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