Volksgruppen ORF.at Diversität
Di | 26.11.2013
Olli Rehn
BiH: "Rückkehr zur Mentalität der 90er"
Bosnien-Herzegowina hat noch einen weiten Weg nach Brüssel. Dies wurde beim Besuch des EU-Erweiterungskommissars Olli Rehn in Sarajevo deutlich sichtbar.
Kritik an Politikern
"Wollt ihr wirklich, dass der Zug in Richtung Brüssel abfährt, während ihr euch auf der Bahnstation ununterbrochen streitet, so wie es derzeit geschieht", kritisierte Rehn die bosnischen Politiker, wie die bosnische Nachrichtenagentur Fena berichtete.
Erfolgloses Jahr 2006 Auf Schlüsselreformen konzentrieren
2006 war für Bosnien-Herzegowina bezüglich der entscheidenden Reformen ein erfolgloses Jahr. Man hätte viel mehr erreichen müssen. Als Ergebnis des verlängerten Wahlkampfes kam es zum Reformstau, das politische Klima hat sich verändert und es wurde wieder verstärkt zu einer nationalistischen Rhetorik gegriffen, fasste der EU-Kommissar die Entwicklung zusammen. "Wir sind Zeugen der Rückkehr zur Mentalität der neunziger Jahre. Das hilft Bosnien-Herzegowina nicht. Das Land muss sich ehrlich und vollkommen auf die Schlüsselreformen konzentrieren", verlangte Rehn gegenüber der bosnischen Tageszeitung "Dnevni avaz".
Bedingungen für Stabilisierungs- & Assoziierungsabkommens Polizeireform & Zusammenarbeit mit Tribunal
Auch das derzeitige Nichtfunktionieren der Regierung schadet dem Land. Die Politiker, die für die Verschleppung der Reformen und der Blockade der Regierung verantwortlich sind, behindern Bosnien-Herzegowina in seinen EU-Bestrebungen. Eine Einigung auf eine Polizeireform und die volle Zusammenarbeit mit dem Haager Kriegsverbrechertribunal sind die wichtigsten Bedingungen für den Abschluss eines Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens (SAA) mit der EU, stellte Rehn klar.
Notwendige Reformen
Rehn fordert von den Bosniern aber auch, die Reform des öffentlichen Rundfunks und Fernsehens, der Verwaltung und der Verfassung vorzunehmen. Der Beschluss des Verfassungspakets vom April des Vorjahrs wäre ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
Mehr Befugnisse für Regierung & Parlament
Unter Vermittlung der Staatengemeinschaft haben alle drei Volksgruppen - Bosniaken, Serben und Kroaten - einen Kompromiss zur Neuorganisation wichtiger Institutionen gefunden. Regierung und Parlament sollten mehr Befugnisse bekommen. Dies scheiterte allerdings im Parlament an zwei Stimmen der Partei von Haris Silajdzic, der derzeit Mitglied des Staatspräsidiums ist. Ihm gingen die Reformen nicht weit genug.
Ziel Besserer & funktioneller Verfassungsrahmen
"Die Grundidee der Verfassungsreform sollte nicht die Einzementierung des Status quo oder das Abschaffen der Entitäten sein, sondern einen besseren und funktionelleren Verfassungsrahmen ermöglichen", unterstrich Rehn. Sollten die geforderten Reformen umgesetzt werden, könnte das SAA rasch abgeschlossen werden, denn die technischen Verhandlungen dafür sind im Prinzip abgeschlossen, erklärte Rehn weiter.