Volksgruppen ORF.at Diversität
Di | 26.11.2013
EPA
Früherer chilenischer Diktator gestorben
Der frühere chilenische Diktator Augusto Pinochet ist gestern im Alter von 91 Jahren gestorben, wie das Militärkrankenhaus in Santiago mitteilte. Dort rang der ehemalige Machthaber seit seinem Herzinfarkt vor einer Woche mit dem Tod.
Der General regierte Chile von 1973 bis 1990 mit eiserner Faust als Chef einer Militärjunta. Während dieser Zeit wurden tausende Oppositionelle umgebracht oder verschwanden spurlos.
Tötungen, Haft, Folter & Exil
Der Ex-General stand zuletzt unter Hausarrest, nachdem Anklage wegen der Entführung und Ermordung von zwei Leibwächtern des von ihm gestürzten Präsidenten Salvador Allende erhoben worden war. Die amtliche Zahl der während der Militärherrschaft umgekommenen Oppositionellen beträgt 3.197, Menschenrechts-gruppen setzen sie jedoch weitaus höher an. Tausende wurden willkürlich inhaftiert, gefoltert oder ins Exil gezwungen, darunter auch die heutige chilenische Präsidentin Michelle Bachelet.
Verfahren Verstöße gegen die Menschenrechte
Gegen Pinochet liefen weitere Verfahren wegen Verstößen gegen die Menschenrechte sowie wegen Steuerbetrugs. Auf Grund seines schlechten Gesundheitszustands kam es jedoch nie zu einem Prozess. Am 3. Dezember wurde er nach einem Herzinfarkt in das Militärkrankenhaus eingeliefert, wo er die Sterbesakramente empfing. Mit Hilfe einer Katheter-Behandlung gelang es den Ärzten zunächst, seinen Zustand zu verbessern. Pinochet verließ am Donnerstag die Intensivstation. Gestern verschlechterte sich sein Zustand wieder und er wurde auf die Intensivstation zurückgebracht, wie das Krankenhaus mitteilte. Dort starb er um 18.15 Uhr MEZ. Pinochet litt nach mehreren Schlaganfällen auch an leichter Demenz und war auf einen Herzschrittmacher angewiesen. Zudem hatte er Diabetes und Arthritis.
Putsch gegen Präsident Allende
Der Ex-General führte am 11. September 1973 den Putsch gegen den demokratisch gewählten sozialistischen Präsidenten Allende an und ließ den Präsidentenpalast in der Hauptstadt von der Luftwaffe bombardieren. In den folgenden Jahren versuchte er, sich nach dem Vorbild des spanischen Diktators Franco als Vaterfigur eines reaktionär-katholischen Ständestaats zu etablieren.
1978 wurde seine Regierung bei einer Volksbefragung bestätigt, seit 1981 regierte er als verfassungsgemäßer Präsident. Doch statt der zugesagten Wiederzulassung der Parteien und Parlamentswahlen regierte Pinochet Mitte der 80er Jahre wieder mit neuer Repression und verhängte 1984 den Ausnahmezustand.
Im September 1986 überlebte er ein Attentatsversuch, fünf seiner Leibwächter starben. Schritte zu einer Liberalisierung seines Regimes und ein Bündnis nichtkommunistischer Parteien führten zu einer Abstimmung über eine Reform, die die Amtszeit des Präsidenten beschränkte. 1989 konnte Pinochet nicht mehr antreten, der Christdemokrat Patricio Alwyn wurde im März 1990 als neuer Staatschef vereidigt.
Abwehrkampf gegen Justiz
Doch Pinochet sorgte dafür, dass er auch weiter politischen Einfluss hatte: Er ernannte die Mitglieder des nationalen Sicherheitsrats und des Obersten Gerichtshofs. Zudem blieb er bis 1998 Oberkommandierender des Heeres, danach wurde er Senator auf Lebenszeit. Im gleichen Jahr wurde er auf spanisches Ersuchen hin in London festgenommen, wo er sich wegen einer Operation aufhielt. Aus medizinischen Gründen wurde er von der britischen Regierung für verhandlungsunfähig erklärt und konnte im März 2000 nach Chile zurückkehren. Seine letzten Jahre waren gekennzeichnet vom Abwehrkampf gegen die Justiz, die ihn trotz Teilerfolgen wie der Aberkennung der Immunität und Anklage nie vor ein Gericht stellen konnte.