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Di | 26.11.2013
Auschwitz-Birkenau Memorial
Polen will KZ Auschwitz umbenennen
Polen setzt sich für eine Umbenennung des Konzentrationslagers Auschwitz ein und will dabei einen klaren Bezug zu Nazi-Deutschland herstellen.
Antrag an UNO "Das ehemalige deutsch-nationalsozialistische Konzentrationslager von Auschwitz"
Die Regierung in Warschau stellte einen entsprechenden Antrag bei den Vereinten Nationen (UNO) und begründete ihn damit, dass die häufige Bezeichnung als polnisches Lager das Land diffamiere. Statt "Konzentrationslager Auschwitz" solle die Vernichtungsstätte in Zukunft "Das ehemalige deutsch-nationalsozialistische Konzentrationslager von Auschwitz" heißen. Jüdische Verbände kritisierten den Schritt. In Auschwitz haben die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs 1,5 Millionen Menschen ermordet, die meisten davon waren Juden.
Neuer Name präziser
Unter Hinweis auf Formulierungen wie "polnisches Konzentrationslager" und "polnische Gaskammern" in ausländischen Medien sagte Jan Kasprzyk vom Kulturministerium: "Wir können wiederholte Publikationen, die Polen diffamieren, nicht weiter ignorieren." Der vorgeschlagene neue Name sei präziser. "Durch die Benennung der Verursacher eines Krieges, der vor mehr als 60 Jahren geendet hat, könnten wirkliche Fehler vermieden werden." Regierungsvertreter hatten zuletzt die US-Zeitung "New York Times" und das britische Blatt "Guardian" für entsprechende Formulierungen gerügt. Der "Guardian" veröffentlichte daraufhin im vergangenen Jahr eine Korrektur.
Kritik Umschreibung der Geschichte des Lagers
Die Initiative der Regierung berührte allerdings auch einen empfindlichen Punkt im heutigen Verhältnis zwischen Juden und Polen: Maram Stern vom Jüdischen Weltkongress löste einen Sturm der Entrüstung in Polen aus, als er der Regierung vorwarf, mit der Namensänderung die Geschichte des Lagers umschreiben zu wollen. "Auch wenn das Lager von Nazi-Deutschland gebaut und betrieben wurde, so wussten doch alle in der Region von seiner Existenz, und aus dem polnischen Nachbardorf wurden Mitarbeiter geholt." Polen weist den Vorwurf der Mitarbeiter-Anwerbung zurück und hält dagegen, die Alliierten hätten mehr tun können, um den Völkermord in Auschwitz zu stoppen.
Mitschuld Polens
In den Nachkriegsjahren hat die kommunistische Führung Polens Auschwitz als einen Ort des Martyriums polnischer Bürger und Angehöriger anderer Nationen behandelt. Für zahlreiche Juden war dies Ausdruck eines im Land weit verbreiteten Antisemitismus und bestätigte sie in ihrem Misstrauen, Polen habe sich an der Vernichtung ihres Volkes mitschuldig gemacht. Berichte über den Verrat jüdischer Verstecke an die Nazis durch Polen und neuerliche Pogrome in den Nachkriegsjahren verstärkten diese Gefühle noch. Viele Polen fühlten sich jedoch wieder dadurch verletzt und zu Unrecht angeklagt.
Die Nationalsozialisten haben während des Krieges auch drei Millionen nicht-jüdische Polen getötet und Warschau dem Erdboden gleich gemacht. Unter den Menschen, die Israel für ihre Hilfe während der nationalsozialistischen Verfolgung ausgezeichnet hat, bilden Polen die größte Gruppe.