Volksgruppen ORF.at Diversität
Di | 26.11.2013
Papst Franziskus auf Lampedusa / Foto: EPA
8.7.2013
Mehr Solidarität mit Migranten
Papst Franziskus hat während eines Besuchs auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa heute vor der "Globalisierung der Gleichgültigkeit" gewarnt.
Zugleich forderte er "brüderliche Solidarität" mit den Flüchtlingen aus Afrika und Asien, die über das Mittelmeer nach Europa kommen. Niemand fühle sich verantwortlich für die alltäglichen "Dramen" während der Überfahrt von Afrika nach Europa und das "Blut der Brüder und Schwestern", die hierbei ums Leben kämen, sagte Franziskus heute während einer Messe mit Flüchtlingen und Inselbewohnern am Hafen. Es war die erste Pastoralreise des Papstes außerhalb Roms seit seinem Pontifikatsantritt am 19. März.
"Wir haben uns an die Leiden der anderen gewöhnt"
"Wir haben uns an die Leiden der anderen gewöhnt, sie gehen uns nichts an und interessieren uns nicht, das ist nicht unsere Angelegenheit. Die Kultur des Wohlstands macht uns für die Hilferufe anderer Menschen unsensibel", warnte der Heilige Vater. In seiner Predigt kritisierte Franziskus indirekt die EU-Flüchtlingspolitik sowie die Regierungen in den Herkunftsländern der Migranten. Er bat Gott um Vergebung für die "Grausamkeit in der Welt, in uns und auch in jenen, die in der Anonymität Entscheidungen sozialer und wirtschaftlicher Natur treffen, die den Weg für Dramen wie dieses ebnen".
Grüße an die muslimischen Flüchtlinge
Franziskus richtete bei der Messe vor rund 15.000 Gläubigen auch Grüße an die muslimischen Flüchtlinge. "Die Kirche ist euch nahe auf eurer Suche nach einem würdevolleren Leben", sagte der Papst. Die Muslime würden den bevorstehenden islamischen Fastenmonat Ramadan in der Hoffnung auf spirituelle Bereicherung beginnen, so der Papst.
Schätzungen: 20.000 Menschen gestorben Kranz ins Mittelmeer zum Gedenken
Vor dem Gottesdienst war der Pontifex mit Einheimischen und Bootsflüchtlingen zusammengetroffen. Bei einer Bootsfahrt vor der Küste warf Franziskus einen Kranz ins Mittelmeer - zum Gedenken an die Menschen, die bei der gefährlichen Überfahrt von Nordafrika ums Leben kamen. In den vergangenen drei Jahrzehnten sind dabei Schätzungen zufolge mindestens 20.000 Menschen ums Leben gekommen.
Begrüßung durch Bootsflüchtlinge
Der Papst bedankte sich bei den rund 50 anderen Bootsflüchtlinge, die sich zur Begrüßung des Pontifex eingefunden hatten, und fügte an: "Ich grüße alle Flüchtlinge, die hier sind und danke euch für die Gastfreundschaft. Wir alle sind heute hier, um gemeinsam zu beten", sagte der Papst. Die rund 6.000 Bewohner Lampedusas rief er auf, sich weiterhin menschlich zu verhalten und den Migranten Hilfe zu leisten.
"Menschenhandel von Europa toleriert"
Die Bürgermeisterin Lampedusas, Giusy Nicolini, bezeichnete den Besuch des Papstes auf der Insel als "historisch". "Der Papst spricht zur Welt, er durchbricht somit das Schweigen, das bisher das Drama der Toten im Meer und des Menschenhandels über das Mittelmeer umhüllt hatte. Dieser Menschenhandel wird schon zu lange von Europa toleriert", so Nicolini. Der Präsident des italienischen Rats für Flüchtlinge (CIR), Christopher Hein, meinte, der Besuch des Papstes sei von "außerordentlicher Bedeutung". "Auch wenn der Vatikan keinen direkten politischen Einfluss hat, kann er ihn vom ethischen und moralischen Standpunkt ausüben. Der Besuch des Papstes auf Lampedusa ist vielsagend und ein Appell an das Gewissen von uns allen", so Hein.
Am Sonntag 120 Menschen gerettet
Erst am Sonntag hatte die Küstenwache vor Sizilien 120 in Seenot geratene Einwanderer gerettet. Das Boot war aus maltesischen Hoheitsgewässern Richtung Italien weitergefahren. Derzeit halten sich laut offiziellen Angaben 114 Flüchtlinge im Aufnahmelager Lampedusas auf, 75 davon sind minderjährig.