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Di | 26.11.2013
ICTY in Den Haag
27.5.2013
Bosnien-Krieg: Urteile am Mittwoch
Vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag wird am Mittwoch das Urteil in einem der kompliziertesten und längsten Prozesse vor dem vor 20 Jahren eingerichteten Gericht verkündet.
Bosnien-Krieg Auf der Anklagebank befinden sich sechs bosnisch-kroatische Politiker und Militärs der während des Bosnien-Krieges (1992-1995) selbst proklamierten "Kroatischen Republik Herceg Bosna". Das Urteil könnte nach Ansicht so manchen Beobachters auch das baldige EU-Mitglied und bosnische Nachbarland Kroatien in ein schiefes Licht rücken.
Gemeinsames verbrecherisches Vorhaben
Denn den Angeklagten war in dem im April 2006 gestarteten Prozess in 26 Anklagepunkten angelastet worden, an einem gemeinsamen verbrecherischen Vorhaben teilgenommen zu haben, das darauf abzielte, zwischen November 1991 bis etwa April 1994 vom Gebiet Bosniens, das sie an "Groß-Kroatien" anschließen wollten, muslimische Bosniaken und Serben zu vertreiben. An der Spitze des Vorhabens stand laut der Anklage der damalige kroatische Präsident Franjo Tudjman.
Tudjman & Milošević Aufteilung von Bosnien-Herzegowina
Tudjman und sein serbischer Amtskollege Slobodan Milošević, der sich später selbst vor dem Haager Gericht zu verteidigen hatte, sollen bei einem Geheimtreffen in Karadjordjevo westlich von Belgrad bereits im Jahr 1991 die Aufteilung Bosnien-Herzegowinas zwischen Serbien und Kroatien besprochen haben. Der 1999 verstorbene Tudjman wurde selbst vom UNO-Gericht nie angeklagt, wenngleich es Ermittlungen gegen ihn gegeben haben soll.
Angeklagte
Die Haager Anklage der bosnischen Kroaten bezog sich auf den früheren Regierungschef der selbst proklamierten Kroatischen Republik, Jadranko Prlić, den einstigen Innenminister und späteren Befehlshaber des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) in Herceg Bosna, Slobodan Praljak, den Chef eines Zentrums der kroatischen Streitkräfte in Bosnien-Herzegowina, Milivoj Petković, den Kommandanten der HVO-Militärpolizei, Valentin Ćorić, und zwei ehemalige HVO-Offiziere, Bruno Stojić und Berislav Pušić.
Vertreibungen, Raub, Folter, ...
Ihnen waren Vertreibungen auf ethnischer, religiöser und politischer Grundlage, Zwangsumsiedlungen, Raub, Zerstörung von Eigentum, unmenschliche Behandlung von Kriegsgefangenen, Vergewaltigungen und Folter angelastet worden. Unter anderem ging es im Prozess auch um die brutale Ermordung von 127 bosniakischen Einwohnern des Dorfes Ahmići in Zentralbosnien im April 1993. Auch die Beschießung von östlichen, muslimischen Stadtvierteln Mostars, durch die mehrere hundert Personen ums Leben gekommen waren, war ein Thema.
Schlussplädoyer Bis zu 40 Jahren Haft
Die Anklage forderte in dem Anfang 2011 vorgetragenen Schlussplädoyer eine 40-jährige Haft für Prlić, Praljak, Petković und Stojić. Für Ćorić wurden 35 und für den Chef der HVO-Kanzlei für Gefangenenaustausch, Pušić, 25 Jahre Haft gefordert. Die Verteidigung plädierte dagegen auf den Freispruch.