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Di | 26.11.2013
EU-Parlament
7.5.2013
Verfassungsreform zurücknehmen
Das Europaparlament will von Ungarn eine Rücknahme der kontroversiellen Verfassungsänderungen verlangen, andernfalls drohen die EU-Abgeordneten mit dem Start eines EU-Verfahrens wegen schwerwiegender Verletzung europäischer Werte.
Entwurf Dies geht aus einem der APA vorliegenden Entwurf des für Ungarn zuständigen Parlamentsberichterstatters, des portugiesischen Grünen-Abgeordneten Rui Tavares, hervor.
Reihe von Empfehlungen umsetzen
In dem Entwurf, über den das EU-Parlament erst abstimmen muss, werden die ungarischen Behörden aufgefordert , eine Reihe von Empfehlungen "ohne weitere Verzögerung umzusetzen, um die Rechtsstaatlichkeit und ihre Schlüsselanforderungen hinsichtlich des verfassungsrechtlichen Rahmens, des Systems der Gewaltenteilung und der Unabhängigkeit der Justiz, sowie wirksame Schutzvorkehrungen für die Grundrechte, einschließlich der Meinungs-, Medien-, und Religionsfreiheit und des Rechts auf Eigentum, vollständig wieder herzustellen".
Vorrang des Grundgesetzes
Ungarn wird in dem Entwurf aufgefordert, "den Vorrang des Grundgesetzes vollständig wieder herzustellen, indem diejenigen Bestimmungen des Grundgesetzes gestrichen werden, die zuvor vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt wurden". Dem Verfassungsgericht sei wieder das Recht einzuräumen, "alle Rechtsvorschriften ohne Ausnahme zu prüfen, um ein Gegengewicht zu den Maßnahmen der Legislative und Exekutive zu schaffen und, durch eine vollständige gerichtliche Nachprüfung, sicherzustellen, dass das Grundgesetz nach wie vor das höchste Gesetz im Lande ist".
Empfehlungen
Der Bericht enthält überdies Empfehlungen zur Unabhängigkeit der Justiz, zum Medienpluralismus, zur Achtung der Grundrechte und zur Religionsfreiheit. Ungarn wird aufgefordert das Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur vorzeitigen Pensionierung von Richtern korrekt umzusetzen, indem diese, wenn sie es wünschten, wieder in ihre früheren Ämter erhoben werden.
Medienfreiheit Rechtsverbindliche Verfahren bei Bestellungen
In Hinblick auf die Medienfreiheit soll Ungarn sicherstellen, dass rechtsverbindliche Verfahren für die Ernennung von Leitern der öffentlichen Medien, Vorständen, Medienräten und Regulierungsbehörden vorhanden seien. Außerdem werden Rechtsgarantien für den Schutz der Vertraulichkeit journalistischer Quellen und die strikte Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs verlangt. Bezüglich der Religionsfreiheit und der Anerkennung von Kirchen wird Ungarn aufgefordert, "klare, neutrale und unparteiliche Anforderungen und institutionelle Verfahren für die Anerkennung religiöser Organisationen wie Kirchen festzulegen".
Zeitplan zur Umsetzung von Empfehlungen
Zur Weiterverfolgung wird Ungarn aufgefordert, das EU-Parlament, die EU-Kommission, die EU-Ratspräsidentschaft und den Europarat über ein Verfahren und einen Zeitplan zur Umsetzung der Empfehlungen zu informieren. Kommission und Rat sollten jeweils einen Vertreter ernennen, die zusammen mit Tavares eine Bewertung vornehmen.
Möglichkeit des Grundrechtsverfahrens
Die in der Konferenz der Präsidenten vertretenen Fraktionschefs des EU-Parlaments werden aufgefordert, das Grundrechtsverfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags zu aktivieren, falls die Antworten der ungarischen Behörden auf die Empfehlungen nicht mit den Anforderungen den im Artikel 2 des EU-Vertrags genannnten europäischen Werten übereinstimmen. Ein solches Grundrechtsverfahren kann in letzter Konsequenz zur Aberkennung von Stimmrechten im EU-Ministerrat führen, wurde aber bisher noch nie in der Praxis angewendet.