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Di | 26.11.2013
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20.4.2013
Serbisch-Kosovarische Einigung
Fünf Jahre nach der Unabhängigkeit des Kosovo haben sich Belgrad und Priština (Prishtina) auf eine Vereinbarung zum Status der serbischen Volksgruppe im Nordkosovo geeinigt.
"Neue Perspektive"
"Die Übereinkunft ist akkordiert und paraphiert. Ich bin sehr zufrieden", sagte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton gestern in Brüssel. Der kosovarische Ministerpräsident Hashim Thaçi sprach von einer "historischen Einigung", die den beiden Völkern "eine neue Perspektive eröffnet".
Nordkosovo Eingliederung mit Autonomierechten
"Das ist die beste Lösung für den Kosovo, Serbien und die EU", betonte Thaçi. Er war bereits zum zehnten Mal mit seinem serbischen Amtskollegen Ivica Dačić zusammengetroffen, um über eine Lösung für den mehrheitlich serbischen Nordkosovo zu sprechen. Belgrad hatte diese Region bisher als Faustpfand im Kosovo-Konflikt zurückbehalten und dort Parallelstrukturen unterhalten. Nun soll sie mit weitreichenden Autonomierechten in den kosovarischen Staat integriert werden.
"Ein Schritt näher zu Europa"
Die Einigung könnte den Weg zur EU-Annäherung Serbiens und des Kosovo freimachen, wie hochrangige EU-Politiker gestern Abend betonten. EU-Kommissionspräsident Jose-Manuel Barroso sprach von einer "historischen Einigung", die den "Weg für den EU-Rat ebnen wird, um Entscheidungen zu den nächsten Schritten auf dem europäischen Weg von Serbien und dem Kosovo zu treffen". Auch Ashton, die den Dialog führte, sprach von einem "Schritt weg von der Vergangenheit und, für beide, ein Schritt näher zu Europa".
Mitgliedschaft in UNO & OSZE
Thaçi forderte nach der Einigung auch umgehend eine Mitgliedschaft des Kosovos in der UNO und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Nach Medienberichten begaben sich Thaçi, Dačić und Ashton direkt nach der Einigung ins NATO-Hauptquartier. Welche Rolle genau das Verteidigungsbündnis, das gegenwärtig mit rund 5.000 Soldaten der Kosovo-Truppe KFOR im Kosovo präsent ist, übernehmen soll, ist unklar. Laut serbischen Medienberichten ist Belgrad darum bemüht, von der NATO Garantien dafür zu bekommen, dass kosovoarische Streitkräfte nicht an der Grenze zu Serbien stationiert werden.
NATO Neuer Schwung für Euro-Atlantische Integration
NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen erklärte sich bereit, die Umsetzung der Einigung innerhalb des bestehenden Mandats zu unterstützen. "Ich bin zuversichtlich, dass diese Einigung für den Frieden und die Sicherheit in der Region einen großen Schritt nach vorne bedeutet", so Rasmussen. Er erhoffe sich dadurch auch neuen Schwung für die Euro-Atlantische Integration des Westbalkans. Weder Serbien noch der Kosovo sind gegenwärtig NATO-Mitglieder.
"Serbischen Vorschläge" enthalten
Der genaue Inhalt des Abkommens war vorerst nicht bekannt. Der serbische Vizepremier Aleksandar Vučić sagte jedoch gegenüber der serbischen Nachrichtenagentur Tanjug, dass der Text "alle serbischen Vorschläge" enthalte. Dačić sagte, dass die beiden Seiten nun eine Frist von zwei Tagen erhalten hätten, sich abschließend zur Paraphe der beiden Ministerpräsidenten unter das von Ashton ausverhandelte Abkommen zu äußern.
Durchführungsvereinbarung
Thaçi versicherte, der Kosovo werde die Vereinbarung umsetzen, räumte aber auch ein, dass es in beiden Ländern Menschen geben werde, die damit nicht glücklich sein würden. "Wir verpflichten uns zur Umsetzung durch eine Durchführungsvereinbarung, das in den kommenden Tagen da sein soll", sagte er. Am 26. April werde es ein Treffen mit allen Akteuren, darunter auch mit der EU-Mission EULEX und mit der NATO geben.
Umstrittene Fragen
Bis zuletzt waren zwei Fragen umstritten, der Status der kosovarischen Polizeikräfte im Nordkosovo sowie die Verpflichtung beider Länder, einander auf internationaler Ebene nicht zu behindern. Serbien war um eine Lösung bemüht, die keine implizite diplomatische Anerkennung des Kosovo darstellen würde.
Kontrolle über kosovarischen Polizeikräfte im Norden
Laut Vučić konnte die serbische Seite den Regionalbehörden die Kontrolle über die kosovarischen Polizeikräfte im Norden sichern. Der 14. Punkt der Vereinbarung, welcher die ungehinderte Teilnahme der beiden Staaten an internationalen Organisationen betrifft und für Serbien am Mittwoch strittig war, ist Vučić zufolge "nach serbischem Wunsch modifiziert" worden.