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Di | 26.11.2013
Foto: APA/Boris Roessler/DPA
15.4.2013
Mehr Opfer von Menschenhandel
In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Opfer von Menschenhandel in der EU gestiegen, gleichzeitig wurden weniger Täter verurteilt, geht aus einer Studie der EU-Kommission hervor.
Studie Trotzdem haben erst sechs von 27 Staaten eine entsprechende Richtlinie vollständig umgesetzt, die zweijährige Frist dafür ist am 6. April ausgelaufen. Nun sei es "höchste Zeit" zu handeln, sagte Innenkommissarin Cecilia Malmström heute in Brüssel. Ansonsten werde die Kommission nicht zögern, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
EU-Richtlinie Österreich noch nicht umgesetzt
Auch Österreich gehört zu jenen Staaten, welche die EU-Richtlinie für den Kampf gegen den Menschenhandel noch nicht umgesetzt haben. Vollständig implementiert wurde diese bisher nur von Tschechien, Lettland, Finnland, Ungarn, Polen und Schweden. Drei weitere Staaten - Belgien, Lettland und Slowenien - haben zumindest Teile davon in nationales Recht verankert.
Zentralstelle Menschenhandel im Bundeskriminalamt Umsetzung "eine Frage der Zeit"
Österreichs Säumigkeit dürfte laut Gerald Tatzgern, Leiter der Zentralstelle Menschenhandel im Bundeskriminalamt (BK), nur eine Frage der Zeit sein. Denn die entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen seien in Begutachtung und dürften schon bald beschlossen werden. Unabhängig davon sah der Experte die heimischen Anstrengungen zur Bekämpfung des Menschenhandels auf einem guten Weg: "Wir identifizieren mehr Opfer", sagte Tatzgern heute im APA-Gespräch.
Zahlen des Bundeskriminalamts
Die Zahlen des BK untermauern dies: So wurden im Jahr 2011 insgesamt 20 Menschenhandelsfälle (Paragraf 104a StGB) angezeigt. Ein Jahr später waren es zwei mehr. Die Zahl der identifizierten Opfer stiegen von 23 auf 28. Geht es um den grenzüberschreitenden Prostitutionshandel (Paragraf 217 StGB), gingen zwar die Anzeigen von 52 auf 48 zurück. Die Zahl der identifizierten Opfer stieg aber von 47 im Jahr 2011 auf 75 ein Jahr später an. Auch mehr Verdächtige wurden im Vorjahr ausgeforscht: 85 statt 47 im Jahr 2011.
Quelle: APA
21 Staaten säumig
Woran es liegt, dass ganze 21 Staaten säumig sind, sei unklar, sagte Malmström. Bei der Verabschiedung der Richtlinie seien die Staaten sehr schnell und aktiv gewesen, die Umsetzung stocke aber, womöglich aus bürokratischen Gründen. Wie weit die einzelnen Staaten mit der Implementierung sind, sei unklar. Die EU-Kommission will jetzt jedenfalls Druck machen und mit den Ländern in Kontakt treten. Sollten die Staaten weiterhin nicht handeln, kann die Kommission Vertragsverletzungsverfahren einleiten und in letzter Konsequenz Strafen beim EU-Gerichtshof beantragen. Das gelte auch für diese Richtlinie, stellte Malmström klar.
2008-2010 Rund 24.000 Opfer
Zwischen 2008 und 2010 wurden laut einer heute vorgestellten Studie der EU-Kommission 23.632 Personen Opfer von Menschenhandel. Während die Opferzahlen in dem Zeitraum massiv gestiegen sind - um 18 Prozent - ging die Zahl der verurteilten Menschenhändler um 13 Prozent zurück.
Frauen & Kinder besonders betroffen
Mehr als zwei Drittel der Opfer von Menschenhandel waren Frauen, 15 Prozent Kinder, davon größtenteils Mädchen. Die meisten wurden Opfer sexueller Ausbeutung (62 Prozent), gefolgt von Zwangsarbeit (25 Prozent). Weitere Menschen wurden zur Organentnahme oder zu kriminellen Handlungen gezwungen.
61 Prozent der Opfer aus EU-Staaten
61 Prozent der Opfer stammten aus den EU-Mitgliedsstaaten, hier vor allem aus Rumänien und Bulgarien. Viele von ihnen - nicht alle - seien Roma, sagte Malmström. Die Behörden in den beiden Ländern müssten das sehr ernst nehmen, es seien diesbezüglich bereits einige Projekte am Laufen. Die Lebenssituation der Roma müsse sich verbessern, so Malmström.
Außerhalb Europas Opfer häufig aus Nigeria und China
Die Wirtschaftskrise habe ebenfalls dazu beigetragen, dass die Opferzahlen gestiegen sind. Die Opfer ohne europäische Staatsbürgerschaft stammten am häufigsten aus Nigeria und China.
Weniger Verurteilungen Menschenhandel schwerer nachweisbar
Warum umgekehrt immer weniger Täter wegen Menschenhandels verurteilt werden, ist für die Kommission ebenfalls nicht ganz klar. Ein Grund könnte sein, dass der Tatbestand Menschenhandel schwerer nachzuweisen ist als weniger schwerwiegende Straftaten, so Malmström.
76 Prozent der Menschenhändler aus EU
2010 stammten 76 Prozent der strafrechtlich verfolgten Menschenhändler aus der EU, 2008 waren es erst 67 Prozent gewesen. Die Täter aus Nicht-EU-Staaten kamen in dem Zeitraum zumeist aus Albanien, Marokko, Russland und der Türkei.