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Di | 26.11.2013
Innsbrucker Synagoge
22.3.2013
20-Jahr-Jubiläum im Zeichen Stechers
Im Zeichen des Ende Jänner verstorbenen Innsbrucker Altbischofs Reinhold Stecher ist die Feier zum 20-Jahr-Jubiläum der jüdischen Synagoge in Innsbruck gestern Abend gestanden.
Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für Tirol und Vorarlberg, Esther Fritsch, erinnerte in ihrer Rede an das Engagement Stechers für die Neuerrichtung der Synagoge am 21. März 1993 und nannte den Verstorbenen unter Tränen einen "Motor der Aussöhnung von Christen und Juden in Tirol".
"Tiroler Juden" statt "Juden in Tirol"
Der Altbischof habe ihr kurze Zeit vor seinem Tod in einem Dankesbrief für ein Geschenk in Form eines dreibändigen Werkes über die Geschichte der Juden in Tirol folgenden Satz übermittelt: "Jetzt heißt es nicht mehr Juden in Tirol, sondern Tiroler Juden". Stecher habe der Tiroler Bevölkerung laut Fritsch eine "Bewusstseinsänderung" im Verhältnis zur jüdischen Gemeinde vorgegeben. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Wien, Oskar Deutsch, verwies besonders darauf, dass Stecher unter anderem den Kult um die antisemitische Ritualmordlegende des "Anderle von Rinn" beendet habe.
Haus der Versammlung
Fritsch bezeichnete die Synagoge als einen "Kristallisationspunkt des gemeinsamen Lebens und Wollens". Paul Chaim Eisenberg, der Oberrabbiner von Österreich, betonte, dass eine Synagoge nicht nur ein Gebetshaus, sondern auch ein Haus der Versammlung sei.
Ansprachen "Die Vergangenheit ist nicht fertig"
Ebenfalls Ansprachen hielten geistliche Würdenträger wie der Bischof von Innsbruck, Manfred Scheuer und der evangelische Superintendent der Diözese Salzburg-Tirol, Olivier Dantine. Der Superintendent bekannte, dass der Antisemitismus in der evangelischen Kirche "beheimatet" gewesen sei. Scheuer erklärte, ein Vergessen der NS-Gräueltaten wäre "ein Weg in die Marsch in die Inhumanität". "Die Vergangenheit ist nicht fertig", sagte Scheuer.
Für Erweiterung der Synagoge
Auch weltliche Würdenträger wie Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) und Innsbrucks Bürgermeisterin Oppitz-Plörer (FI) feierten das Jubiläum mit der jüdischen Gemeinde. Beide erklärten, eine von Fritsch angedachte Erweiterung der Synagoge unterstützen zu wollen.
Novemberpogrome
Bei den Novemberpogromen war es im Jahr 1938 auch in Innsbruck zu blutigen Ausschreitungen gekommen. Drei Menschen wurden ermordet, darunter der Leiter der Kultusgemeinde. Ein weiteres Opfer starb kurze Zeit später an den Folgen der Übergriffe. Ein fünfter Mann überlebte zwar, blieb aber aufgrund seiner schweren Kopfverletzungen geistig behindert. 18 weitere Juden wurden in der so genannten "Reichskristallnacht" ebenfalls verletzt. Zahlreiche jüdische Wohnungen und Geschäfte wurden geplündert und zerstört, die Synagoge in der Sillgasse verwüstet.