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Di | 26.11.2013
Paul Grüninger
25.2.2013
Erinnerungstafel gestohlen
Unbekannte Täter haben auf der Paul-Grüninger-Brücke die Erinnerungstafel an den namensgebenden Schweizer Polizeikommandanten entfernt, der in der NS-Zeit bis zu 3.000 Menschen zur Flucht aus Vorarlberg in die Schweiz verhalf.
Grüne-Landtagsabgeordneter Bernd Bösch "Rechtsextremer Akt" vermutet
Die Rheinbrücke zwischen Hohenems und Diepoldsau (Kanton St. Gallen) hatte im Mai 2012 auf Initiative der Vorarlberger und der St. Galler Grünen den Namen des Schweizers erhalten. Die Entfernung des Schilds sei "mit hoher Wahrscheinlichkeit ein rechtsextremer Akt", so der Vorarlberger Landtagsabgeordnete Bernd Bösch (Grüne) heute in einer Aussendung.
Anzeig erstattet
"Wir wurden vergangenen Freitag darüber informiert, dass die Tafel verschwunden ist", sagte Bösch. Man habe daher heute Anzeige bei den Vorarlberger und Schweizer Behörden erstattet. Die Täter dürften die Tafel vermutlich nachts mit einer Flex abmontiert haben. Da Grüninger zum Symbol für Menschlichkeit und eine offene Asyl- und Flüchtlingspolitik geworden sei, sei von einem rechtsextremen Hintergrund auszugehen, erklärte er.
Nicht bagatellisieren
Ob die Täter aus Vorarlberg oder aus der Schweiz kommen, sei offen. "Grüninger ist in der Schweiz umstrittener als bei uns. Andererseits ist die rechtsextreme Szene in Vorarlberg aktiv und gut organisiert", so der Grüne. Er appelliere an die Behörden, den Vorfall nicht zu bagatellisieren.
Paul Grüninger
Der St. Galler Polizeihauptmann Paul Grüninger (1891-1972) hatte 1938 und 1939 Flüchtlingen aus Deutschland und Österreich unter Missachtung von Weisungen der eidgenössischen Behörden die Einreise in die Schweiz ermöglicht. 1938 war eine Weisung erlassen worden, wonach jüdische Flüchtlinge nicht mehr in die Schweiz einreisen durften, sondern in das Deutsche Reich "zurückgeschafft" werden mussten. Grüninger fälschte Listen und Einreisedaten; durch Denunziation wurde seine Praxis aufgedeckt. 1939 wurde er deswegen fristlos entlassen und 1941 gerichtlich verurteilt. Bis zu seinem Tod fand Grüninger nie mehr eine feste Anstellung und lebte in Armut. Erst 1995 erfuhr er posthum durch einen Freispruch des St. Galler Bezirksgerichts eine Rehabilitierung.