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Di | 26.11.2013
Tschechoslowakei
21.11.2012
Für Slowakei eine Trennung ohne Abschied
Die Beziehungen zwischen Tschechen und Slowaken waren seit Gründung der Tschechoslowakischen Republik im Jahr 1918 stets von einer Mischung aus Gemeinsamkeiten und Misstrauen geprägt.
Anteil an Staatsverwaltung
Zu allen Zeiten, die die beiden Nationen erlebten, suchte man vergebens nach einer adäquaten institutionellen Form der Koexistenz in einem Staatsgebilde. Es ging um den Anteil an der Staatsverwaltung. Das, was für slowakische Politiker zu wenig war, war für tschechische zu viel und umgekehrt.
Zentralistisches Regime
Formell sollte die Föderation, die im Herbst 1968 verabschiedet wurde, das Problem lösen. Das kommunistische Regime war aber zentralistisch, so war die Föderation nach Ansicht Bratislavas bloß eine Fassade und weiterhin wurden alle wichtigen Entscheidungen in Prag und aus Prager Sicht gefasst.
Samtene Revolution Verhandlungen über Trennung
Die Samtene Revolution 1989 öffnete für die Slowakei den Weg zur Korrektur des Zentralismus. Aber die Verhandlungen über eine neue Formel der gegenseitigen Beziehungen zwischen Tschechen und Slowaken verwandelten sich allmählich in Verhandlungen über die Trennung der beiden Nationen.
Václav Klaus & Vladimír Mečiar
Dieser Trend wurde verstärkt, als bei den Parlamentswahlen im Jahr 1992 in der Tschechischen Republik Václav Klaus mit seiner Demokratischen Bürgerpartei (ODS) siegte und in der Slowakei Vladimír Mečiar mit seiner Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS). Für beide - sowohl für Klaus als auch für Mečiar - war Kompromiss ein Fremdwort und so mündeten die Verhandlungen in die Entscheidung, sich politisch zu trennen. Zugleich muss man betonen, dass beide Politiker in der Lage waren, den Trennungsprozess im legalen Rahmen zu halten.
Unterschiedliche Wege
In den ersten Jahren nach der Teilung schien es, als würden die Tschechische Republik und die Slowakei unterschiedliche Wege gehen. Die Tschechen avancierten zu Musterknaben der Transformation, die Slowakei wurde unter der Regierung von Vladimír Mečiar zum Flegel, oder wie es die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright formulierte, zum schwarzen Loch in Europa.
Mikuláš Dzurinda Auf europäischem Pfad
Nach der Parlamentswahl 1996 änderte sich die Situation in der Slowakei radikal. Eine Koalition aus Mitte-Rechts-Parteien unter Federführung von Mikuláš Dzurinda führte die Slowakei wieder auf den europäischen Pfad und schloss den Annäherungsprozess an EU und NATO ab. Die Slowakei wie auch die Tschechische Republik befinden sich nun in den gleichen politischen Netzwerken.
Beziehungen heute so gut wie nie
Die Beziehungen zwischen Slowaken und Tschechen sind 20 Jahre nach der Trennung auf allen Ebenen des gesellschaftlichen Lebens so gut wie nie, ungeachtet dessen, wer in Prag oder Bratislava die Regierung stellt. Das gilt auch für die Beziehungen in den Bereichen Kultur, Wissenschaft und Sport. Beide Länder sind mit zahlreichen schwierigen Problemen konfrontiert, besonders mit der Korruption als einer der Folgen der unglücklichen Verstrickungen von Politik und Wirtschaft. Aber die gegenseitigen Beziehungen sind mittlerweile kein Problem mehr.