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 11.6.2012 |
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Die Bahn im Nationalsozialismus
Die Österreichische Bahn stellt sich ihrer Geschichte und beleuchtet ihre Rolle im Nationalsozialismus. Als Teil der Deutschen Reichsbahnen waren die ÖBB mit Eisenbahnern, Zügen und Infrastruktur in das NS-System integriert.
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"Verdrängte Jahre - Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938 - 1945" |
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Ausstellung
Die Bahn diente als Transportmittel zum Massenmord und als Teil der Logistik der Angriffskriege in Europa - viele Eisenbahner leisteten auch Widerstand gegen das Nazi-Regime. Anlässlich des heurigen Jubiläumsjahrs 175 Jahre Eisenbahn in Österreich wird das dunkelste Kapitel in einer Ausstellung "Verdrängte Jahre - Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938 - 1945" gezeigt.
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Teil der Deutschen Reichsbahn
Schon wenige Tage nach dem Einmarsch der Hitler-Truppen in Österreich im März 1938 wurden die Österreichischen Bundesbahnen (damals BBÖ) zum Teil der Deutschen Reichsbahn. Die Organisationsstruktur veränderte sich, rund 20 Prozent der Bahnbediensteten wurden umgehend aus dem Dienst entlassen. Doch für altgediente Nazis ging die Tür weit auf: Innerhalb weniger Wochen wurden 9.000 der sogenannten "Alten Kämpfer" neu eingestellt. Hunderten ehemaligen BBÖ-Bediensteten wurde aus "rassischen", politischen und anderen Gründen das Berufsrecht entzogen.
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Bahn & Bahnhofshallen |
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Bevorzugte Orte der NS-Propaganda
Bahn und Bahnhofshallen wurden häufig zu bevorzugten Orten der nationalsozialistischen Propaganda. Im März 1938 sprach Hermann Göring in der stillgelegten Halle des Wiener Nordwestbahnhofes. Anfang April hielten Joseph Goebbels und Adolf Hitler dort ihre Propagandareden. Ebenfalls im April 1938 besuchte Hitler mit einem Sonderzug die ehemals österreichischen Großbahnhöfe. Im Sommer 1938 wurde der Wiener Nordwestbahnhof zur Ausstellungshalle, das Thema: "Der ewige Jude". Beworben wurden die antisemitischen herabwürdigenden Darstellungen unter anderem in der Verkehrswirtschaftlichen Rundschau.
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200.000 Österrereicher abtransportiert
Ab 1938 wurden über 200.000 Österreicherinnen und Österreicher, nahezu die gesamte jüdische Bevölkerung, zum Verlassen ihrer Heimat gezwungen oder in Konzentrations- und Vernichtungslager geschickt und ermordet. Tausende der Flüchtlinge emigrierten in europäische Länder wie Belgien, Polen, die Niederlande, Jugoslawien oder Ungarn und gerieten während des Krieges erneut unter die tödliche nationalsozialistische Machtmaschinerie. Die Emigration erfolgte zum großen Teil mit der Bahn und mit dem Schiff. Unter den Flüchtlingen war auch Sigmund Freud, der mit dem Orientexpress von Wien Westbahnhof über München, Stuttgart nach Paris und von dort nach London fuhr. Rund 128.000 Jüdinnen und Juden gelang es, Österreich zu verlassen.
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"Kindertransporte"
Verzweifelte Eltern versuchten, zumindest ihre Kinder vor der Verfolgung zu retten: 43 "Kindertransporte" ab Wien brachten bis zum Kriegsbeginn insgesamt 2.844 österreichische Kinder, die bei den Nazis als "jüdisch" galten, in der Mehrzahl zu englischen Familien in Sicherheit. Darunter war auch der damals 16-jährige Otto Tausig (später Burgschauspieler), der im Jänner 1939 vom Wiener Westbahnhof nach London fuhr. Den Abschiedstermin erfuhren die Eltern erst zwei bis 14 Tage vor der Abreise.
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Rund 65.500 österreichische Jüdinnen und Juden und 8.000 österreichische Sinti und Roma wurden in den Konzentrations- und Vernichtungslagern ermordet. Hunderte Homosexuelle und Zeugen Jehovas wurden in Konzentrationslager deportiert. Mehr als die Hälfte davon wurde ermordet. Über tausend österreichische Sloweninnen und Slowenen wurden 1942 in Lager deportiert und zur Zwangsarbeit verpflichtet. Die Transporte erfolgten zum großen Teil mit der Bahn. |
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"Umsiedlungsprogamm" als Massenmord
Was anfangs von den Nazis als "Umsiedlungsprogramm" bezeichnet wurde, endete im Massenmord an Millionen Juden. Schon bis Frühjahr 1940 wurden durch die Deutsche Reichsbahn 134.242 Menschen ins Generalgouvernement deportiert. Darunter befanden sich auch zwei Sonderzüge aus Wien mit 1.500 Wiener Jüdinnen und Juden, die im Oktober 1939 in die Gegend von Nisko am San deportiert wurden.
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3 Millionen Menschen in Vernichtungslager transportiert
Auschwitz ist nach dem Entfernungsanzeiger der Deutschen Reichsbahn vom August 1942 lediglich 349 km von Wien entfernt - und liegt damit näher bei Wien als etwa Villach. Ab Herbst 1941 stiegen die Massendeportationen aus dem gesamten Deutschen Reich in den Osten stark an. Mit Sonderzügen auf Bestellung wurden die Transporte in den Tod bürokratisch organisiert. War ein Sonderzug mit mindestens 400 Menschen gefüllt, musste ab Juli 1941 der halbe Fahrpreis zur Personenbeförderung 3. Klasse bezahlt werden. Die Bahn-Deportations für Kinder unter vier Jahren war gratis. Drei Millionen Menschen wurden im Zweiten Weltkrieg mit Zügen in die Vernichtungslager des NS-Regimes transportiert.
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Eisenbahner als Widerstandskämpfer
Nicht alle ließen sich in den Dienst des NS-Regimes stellen. Eisenbahner waren maßgeblich am österreichischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus beteiligt - und wurden bei Entdeckung von der NS-Justiz hart bestraft. 154 Eisenbahner wurden zum Tode verurteilt und hingerichtet. 1.438 bekamen Zuchthaus- oder KZ-Strafen, 135 Bahnbedienstete starben in einem Zuchthaus oder Konzentrationslager. 43 kamen zur Strafdivision 999, davon fielen 22 Personen. Sabotageakte gegen "kriegswichtige Transporte" oder Sprengstoffanschläge auf Bahngleise waren einige der Widerstandsakte. Zu den Sabotagehandlungen, die an Reichskriegsgerichten verhandelt wurden, zählten das Durchschneiden von Bremskupplungsschläuchen, das Streuen von Sand in die Achsenlager der Waggons, aber auch das Entfernen und Vertauschen der Wagenbezettelung, um die Waggons zu anderen Zielbahnhöfen zu schicken.
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Zwangsarbeiter bei der Bahn
Auch für die Millionen Zwangsarbeiter, die im Deutschen Reich arbeiten mussten, diente die Bahn als Transportmittel. Bei der Deutschen Reichsbahn selber arbeiteten 200.000 zivile ausländische Arbeitskräfte, Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge, davon 19.235 auf dem Gebiet des früheren Österreichs.
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NS-gesinnte Führungsriege
Zum Kriegsende war die weitgehend nationalsozialistisch gesinnte Führungsriege der Eisenbahn entweder untergetaucht oder wurde entlassen. Ihrer eigenen historischen Verantwortung stellte sich die österreichische Bahn - wie viele andere Staatsbahnen in Europa - erst spät.
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Die Ausstellung "Verdrängte Jahre - Bahn und Nationalsozialismus in Österreich 1938-1945" ist bis zum 30. September im Foyer der ÖBB Infrastruktur am Praterstern 3, 1020 Wien, täglich zwischen 8.00 und 17.00 Uhr geöffnet
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