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Di | 26.11.2013

Gastarbeiterroute - Europas Todesstraße
Als Europas Todesstraße wurde sie bezeichnet: Die sogenannte Gastarbeiterroute von Deutschland in die Türkei, die in den 1970er- und 80er-Jahren quer durch die Steiermark verlief.
Vergangenheit
Die 250 Kilometer lange Strecke zwischen Schladming und Spielfeld ist zwar mittlerweile Vergangenheit, hat aber die Menschen auf und an der Straße bis heute geprägt. Jetzt wird dieses Stück steirische Geschichte erstmals wissenschaftlich aufgearbeitet.
Doktorarbeit
Mag. Manfred Pfaffenthaler hat die Gastarbeiterroute als Thema seiner Doktorarbeit gewählt, die er derzeit unter Betreuung des Südosteuropa-Historikers Univ.-Prof. Dr. Karl Kaser verfasst. "Die enorme Verkehrsbelastung und die dramatischen Unfallzahlen waren Resultat der gesteigerten Mobilität infolge der Gastarbeitermigration", schildert Pfaffenthaler.
Phänomen aus zwei Sichtwesen
Er nähert sich dem Phänomen aus zwei Sichtwesen: Wie sind die AnrainerInnen mit bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Tag umgegangen und wie wurde die Route von GastarbeiterInnen selbst wahrgenommen? "Die Straße ist ein wesentlicher Teil der regionalen Identität sowie der Migrationsgeschichte", so der Dissertant. Er hat dazu viele in Deutschland lebende ZeitzeugInnen befragt. "Viele haben Österreich aufgrund der kompetenten Behörden und der Sauberkeit sehr positiv in Erinnerung." Für sie stellte die Strecke eine Lebensader in die ursprüngliche Heimat dar. Unter anderem sind Gedichte und Romane über diese Route entstanden.
Innovationen
Für die BewohnerInnen des Transitraumes bedeutete die Wanderbewegung - mit Spitzenzeiten zu den Sommer- und Weihnachtsferien - nicht nur endlose Staus, sondern auch Innovationen. "Bergetechniken von Verkehrsopfern haben sich verbessert, das Krankenhaus in Kalwang wurde ausgebaut und die Gastronomie profitierte ebenfalls davon", zählt Pfaffenthaler auf. Auch der Bau der Pyhrn-Autobahn war eine Konsequenz des gewaltigen Verkehrsaufkommens und läutete zugleich das Ende der alten Gastarbeiterroute ein. Überbleibsel gibt es bis heute. Etwa an einer ehemaligen muslimischen Raststelle bei Mautern, wo mehrsprachige Hinweisschilder an die Zeit erinnern.
Junge WissenschafterInnen im Rampenlicht
Manfred Pfaffenthaler stellt seine Arbeit, die er im nächsten Jahr abschließen will, am Tag der Geisteswissenschaften der Uni Graz am 15. Juni 2011 vor. Bei der Veranstaltung ab 13 Uhr im Meerscheinschlössl stehen junge WissenschafterInnen im Mittelpunkt. Es gibt erste Einblicke in Themen, die von Aspekten der Bildungsmigration in der Antike über die Gastarbeiterroute bis hin zum Einfluss des Deutsch-Venezianers Johann Carl Loth auf die österreichische Barockmalerei reichen.
Ab 17 Uhr klingt der GEWI-Tag 2011 mit Buffet und Musik aus. Alle Interessierten sind bei freiem Eintritt eingeladen.

Anmeldung erbeten an: tdg@uni-graz.at

Mehr unter www.uni-graz.at/gewi

Rückfragehinweis: Mag. Andreas Schweiger, Pressesprecher, Karl-Franzens-Universität Graz, Presse + Kommunikation, Universitätsplatz 3, 8010 Graz, T 0 316/380-1018, M 0664 333 60 23