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Bulgarien |
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"Geht in die Türkei!" -
Im modernen Fernsehstudio in Sofia sitzen drei junge Frauen mit Kopftüchern in schrillen Farben. Der Seidenstoff bedeckt komplett ihre Haare, ihre Ohren und den Oberkörper. Sehen kann man nur ihre weißen Gesichter.
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Genauso verhüllt möchten sich die Musliminnen für die neuen biometrischen Reisepässe fotografieren lassen. Doch wenigstens ein Zentimeter Haar muss an der Stirn zu sehen sein, verlangt das Gesetz. Die Ohren müssen frei bleiben. |
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"Dies bedeutet für mich eine Art Entblößen"
Im Studio kommt es zum Streit. Die amtliche Regelung müsse doch eingehalten werden, verlangt der renommierte Geschichtsprofessor Boschidar Dimitrow. "Dies bedeutet für mich eine Art Entblößen", sagt dagegen eine junge türkisch-stämmige Frau, die anonym bleiben möchte, der Nachrichtenagentur dpa in Sofia. Die Musliminnen empfänden die vorgeschriebenen Passfotos als einen "groben Eingriff in ihre Privatsphäre", erläutert die Frau vor der alten Moschee Banya Bashi im Zentrum der Hauptstadt.
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Der Streit erinnert ältere Türken an die Repressalien der einstigen kommunistischen Regierungen in Bulgarien gegen ihre Minderheit. Damals hatten die kommunistischen Machthaber versucht, deren türkische Namen zu slawisieren. 90 Prozent der bulgarischen Bevölkerung sind Slawen, zehn Prozent Türken. Sie sind jedoch keine Immigranten, sondern leben hier seit Jahrhunderten. |
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Regeln für die Passfotos
Gegen die Regeln für die Passfotos wehren sich bereits die Musliminnen im Raum Smoljan in Südbulgarien. Ihr Mufti, Nedschmi Dabow, will eine entsprechende Novelle ins Parlament einbringen. Unterdessen boykottieren strenggläubige ethnische Türkinnen die neuen Reisepässe. "Ich werde (ohnehin) nicht nach Frankreich reisen", schrieb die empörte 42-jährige Safie Saidowa in der Zeitung "24 Tschassa".
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Praktisch keine vollverschleierten Frauen
Im Gegensatz zu Frankreich debattiert das an die Türkei grenzende Bulgarien nicht über ein Burka-Verbot. Allerdings sieht man in dem Balkanland praktisch keine vollverschleierten Frauen. Die Muslimin müsse nach der religiösen Norm an öffentlichen Plätzen ein Kopftuch tragen, betont Saidowa. Die meisten Türkinnen in Bulgarien tun es tatsächlich. Auf dem Lande sieht man aber auch kaum eine ältere Bulgarin slawischer Abstammung ohne Kopftuch.
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Biometrische Identifizierung
"Die biometrische Identifizierung muss doch nur anhand von Fingerabdrücken möglich sein", kritisiert ebenso wie andere Musliminnen auch die junge Frau am Eingang der Moschee. In der Großstadt, wo sie als Staatsbeamtin beschäftigt sei, trägt sie "aus Angst um ihre Stelle" kein Kopftuch. Gekleidet ist sie mit einer langen, auberginefarbigen Bluse.
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Widerstand
Seit mehreren Jahren zeigen sich immer mehr junge muslimische Frauen mit Kopftüchern in der Öffentlichkeit. Dies stößt auf Widerstand bei radikal gesinnten christlich-orthodoxen Bulgaren. "Raus aus Bulgarien mit eurer Religion und euren Bräuchen", schrieb eine Zuschauerin dem Internet-Forum des bulgarischen Fernsehens. Ihre Einstellung ist typisch für die Stimmung der rechtsradikalen und nationalistischen Szene. "Geht doch in die Türkei!", lautet ihre beliebteste Parole.
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