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Di | 26.11.2013
Kroatien "Progressivstes Minderheitengesetz"
22 Volksgruppen sind in Kroatien als Minderheiten registriert. Ihr Status ist juristisch geregelt. "Mit dem progressivsten Minderheitengesetz in Europa", ist Aleksandar Tolnauer vom Nationalen Rat der Minderheiten überzeugt.
"Das ist ein Fortschritt für Kroatien. Weil wir ein Nachkriegsland sind und die größte Minderheit, die serbische, in den Krieg verwickelt war. Mit ihr gibt es auch Probleme. Aber der politische Wille ist da", so Tolnauer.
Serbenpartei kooperiert mit Sanader
Vieles liegt im Argen bei der Flüchtlingsrückkehr und dem Wiederaufbau zerstörter Häuser, sagt Tolnauer. Doch hätten die Serben drei fixe Abgeordnete im Parlament. Insgesamt gibt es acht Minderheiten-Vertreter. 

Die SDSS (Unabhängige Serbische Partei) hat mit der Regierung von Premier Ivo Sanader (Kroatische Demokratische Gemeinschaft/HDZ) sogar einen Pakt geschlossen.
Österreichische Minderheit in Kroatien
"Traditionell" liebt es die (alt-)österreichische Minderheit. Tolnauer: "Sie ist etabliert. Die Mehrheit lebt in Osijek. Es gibt keine Probleme, sie ist aber auch nicht sehr aktiv. Die meisten Minderheiten, die aus der k.u.k.-Zeit stammen, haben keine Probleme. Die Leute sind integriert. Österreicher und Kroaten haben eine ähnliche Mentalität. Dann gibt es noch die k.u.k-Tradition. Vor 30 Jahren hat man in Zagreb noch 'Küss die Hand' gesagt. Meine Großmutter hat noch Deutsch und Ungarisch gesprochen. Und ihre Lieblingsschauspieler waren Heinz Conrads und Hans Moser..."
Serbenpartei: "Europäische Werte"
Eine auf den ersten Blick ungewöhnliche Kooperation, die SDSS-Chef Milorad Pupovac so erklärt: "Wir wollen neue Bedingungen schaffen, um die kroatische Gesellschaft zu einer wirklich demokratischen Gesellschaft zu reformieren. Verbunden mit europäischen Werten und der Anwendung von europäischen Standards."

"Der kroatische Weg nach Europa ist auch der Weg der Serben in Kroatien und jener der Flüchtlinge, so Pupovac. "Sie sollen versuchen, die volle Bürgerschaft dieses Landes zu bekommen, um gleichberechtigt zu sein." Es gibt noch offene Fragen: "Die weitere Demokratisierung als positiver Rahmen für die Ansiedlung von Minderheiten und Flüchtlingen.
Tolnauer: "Roma sind Außenseiter"
Wenig Schwierigkeiten gibt es laut Tolnauer bei Italienern, Slowaken, Tschechen, Ungarn, Slowenen, Montenegrinern, Albanern, Bosniaken, Bulgarien, Polen, Rumänen, Ruthenen, Russen, Türken, Ukrainern, Walachen, Juden oder Deutschen. Außenseiter sind die Roma. Tolnauer: "Mit Regierungsgeldern haben wir eine Schule für Roma-Jugendliche gebaut. Aber ihre Organisationen unterstützen die Studenten fast nicht. Manchmal kann deren Leiter selbst nicht schreiben. Und er hat dann Angst vor den ausgebildeten Leuten. Unser Ziel ist, dass jeder Roma mindestens die Matura macht."
"Fairness für Rückkehrer"
Zudem müsse laut Pupovac Fairness zugesichert werden. "Sie sollten auch bezüglich der Geschehnisse im Krieg gleich behandelt werden. Es geht um die Aufhebung der Angst, dass jeder Serbe, der in Kroatien lebte, ein potenzieller Kriegsverbrecher ist." Die Realität sieht anders aus. "Wenn man Leute zur Rückkehr aufruft, gleichzeitig aber als potenzielle Kriegsverbrecher behandelt, ihnen ihre Häuser nicht zurückgibt, ihnen keinen Kredit gewährt, um ein Geschäft aufzumachen oder einen Bauernhof zu gründen, dann sind das nur Worte."

Die Alternative: "Wenn gesagt wird, wir brauchen Leute, die am Land arbeiten, die an Reformen mitarbeiten, dann heißt das "Ihr habt eine Chance, wenn ihr zurückkehrt". Als die Menschen 1995 geflohen sind, hieß es: Wir sind binnen zehn Jahren zurück. Aber in den zehn Jahren wurden die Möglichkeiten dafür nicht geschaffen. Aber sie haben noch den Wunsch zurückzukehren. Und Kroatien braucht sie."